Czerny: Pianoforte-Schule ... op. 500,III

zurück | weiter

Kap. 12 [2. Teil]

<65> § 3. Diese Schwierigkeiten werden noch vermehrt, wenn, (wie häufig geschieht,) die 2 Stimmen in der einen Hand sich so von einander entfernen, dass diese Hand sie unmöglich spannen kann, und folglich die andere Hand aushelfen muss, z.B:

[Notenbeispiel 65-1]

Man sieht, dass (bei dem nothwendigen Halten und Binden jeder einzelnen Stimme,) diese Stelle, so wie sie geschrieben ist, (und auch geschrieben werden muss,) gar nicht ausführbar wäre.

Hier folgt die Art ihrer Ausführung:

[Notenbeispiel 65-2]

Die linke Hand ist hier durch L, die rechte durch R beim Vertheilen der Mittelstimmen angezeigt.

Indem nun die Hände in den Mittelstimmen einander ablösen, ist die Stelle völlig ausführbar, und da das Tempo Andante ist, so ist auch überall ein strenges Legato möglich, wenn man die, freilich bisweilen sehr unbequeme, aber hier durchaus nöthige Fingersetzung beobachtet. Allein dieses Ablösen muss so geschickt geschehen, dass man im Laufe nicht die geringste Unterbrechung bemerke, und dass derselbe stets, wie von einer Hand gespielt, erscheine. So z.B: muss im ersten Takte des obigen Beispiels die obere Mittelstimme

[Notenbeispiel 65-3]

so natürlich legato klingen, dass man bei den mit + bezeichneten Noten den Handwechsel auf keine Weise, weder durch zu langes Liegenbleiben, noch durch zu früher Abbrechen bemerke.

§ 4. Wenn man auf diese Weise jeder Stimme ihr volles Recht wiederfahren lässt, so bringt man eine <66> äusserst interessante Wirkung hervor, nämlich die Wirkung einer 4-stimmigen Harmonie wo jene Stimme durch eine andere Person ausgeführt, und demnach eigenthümlich beseelt, fortzuschreiten scheint.

Der Spieler hat also in solchen Fällen alle Möglichkeiten der Fingersetzung und des Ablösens der Hände zu untersuchen, bis er die angemessenste findet.

zurück | weiter
nach oben