Mattheson: Der vollkommene Capellmeister

[div. Lobgedichte auf Mattheson]

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Elegia

<*29> [...]

[J.A. Scheibe:]

<*30> Ja, theurer Mattheson, Dein Neides=werther Fleiß
Erjagt, erhält, verdient den allergrößten Preiß,
Du hebest die Musik. Dein rühmliches Bemühen
Weiß sie der Barbarey mit Nachdruck zu entziehen.
Die Wahrheit, die Vernunfft, die Reitzung mit Verstand
Gewinnen nun durch Dich die weise Oberhand.
Du ordnest, du ergründst der Tonkunst wahres Wesen;
Du schliessest bündig, fein, du denckest auserlesen.
Du rühmst, was rühmenswerth; Zeigst aber auch dabey
Was falsch, wassheltenswerth, was schlechte Schmiererey,
Was solche Fehler sind, die Unvernunft im Dichten,
Der Weisheit zum Verdruß fast imemrdar verrichten.
Wenn sonst ein strenger Zwang Gehör, Vernunfft, Natur
Den Zahlen unterwirfft, zeigst Du die rechte Spur,
Die Ordnung der Natur, ihr Wesen zu ergründen,
Und was die Sinnen rührt am sichersten zu finden.

[...]

Ihr aber, deren Witz mit Zahl und Zirkel prahlt,
Die Tön auf Holtz und Blatt in tausend Theilchen mahlt,
Die ihr, statt Harmonie, ein unklangbares Wesen
Zum falschen Gegenwurff von eurem Fleiß erlesen,
Proportionen liebt, die Ohren aber kränkt,
Die Töne ziemlich stimmt, doch nicht zu rühren denckt,
Erwegt einmahl den Zweck von eurem tieffen Wissen,
Werfft Stab und Zirckel weg, und seyd vielmehr beflissen,
<*31> Den Endzweck der Music recht gründlich einzusehn,
Ihr werdet mir alsdenn die Wahrheit selbst gestehn:
Verstand und Hertz und Ohr mit Nachdruck zu ergetzen,
Muß man die Kunst verstehn, ein rührend Stück zu setzen.

Music, die nicht ans Hertz, nicht an die Seele dringt,
Aus Tönen zwar besteht, doch nur die Ohren zwingt,
Der nicht Natur und Kunst Klang, Anmuth, Krafft gegeben,
Ist nur ein todtes Werck, es fehlt ihr Geist und Leben.
Das hat Aristoxen und Aristid erkannt,
Itzt thut es Matthesons durchdringender Verstand.

[...]

Bittre Klage über den Vollkommenen Capellmeister, und dessen Vorläuffer.

Grausamer Mattheson! was hat Dich doch bewegt
Daß Du den Musicis so viel hast auferlegt?
Es ist ja, seit der Zeit, da wir den Kern [Mattheson: Kern der Melodischen Wissenschaft] gelesen,
Das Melodien=Werck fast niemahls recht gewesen.
Die Noten suchten uns; ietzt gehen wir ihnen nach:
Wir flogen himmelan: ietzt thun wir ganz gemach.
Doch zehlen wir uns noch zum Musicanten=Orden,
Und sind mit Widersinn nur deine Schüler worden. (Puf!)

BABYS und CONNA

<*32> [In der Ausgabe 1739 folgt auf dieser Seite das Inhaltsverzeichnis]

[...]

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