Mattheson: Der vollkommene Capellmeister

Teil 2, Kap. 13 [Seite 41 von 41]

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Ouverture

§. 141. [...] XXII. Die Ouverture, deren Charakter die Edelmuth seyn muß, und die mehr Lobes verdient, als Worte hieselbst Raum haben. [...]

§. 142. Das wäre also aufs kürtzeste, ein wenig mehr, als ein blosses Verzeichniß der Melodien=Gattungen und ihrer Abzeichen, iedoch nur der gebräuchlichsten, vornehmsten und bekanntesten, die noch von niemand sonst in rechte Ordnung gebracht, vielweniger ihre Arten, Eigenschafften, Abzeichen und Affecten berühret worden sind. Wenn man nun von ieder Gattung alles dasjenige sagen wollte, was davon zu sagen ist, und dabey deren mannigfältigen Nutzen, auch ausser ihren Kreisen, die Umstände, Misbräuche und Zufälle untersuchen, sodann die Artickel mit deutlichen und ausführlichen Beispielen erläuterte (welches eben keine ungereimte oder unnöthige Arbeit wäre, die vieleicht einem andern vorbehalten ist) so würde ein grosses Buch aus diesem einzigen, bereits über die Gebühr angewachsenen, Haupt=Stücke entstehen.

§. 143. Und da es mit den andern Haupt=Stücken grössesten Theils fast eine gleiche Bewandtniß hat; unsre Absicht aber, vermöge des Titels, nur auf eine Anzeige gerichtet ist: so wenden wir uns hiemit weiter, und überlassen dem Lehrbegierigen diese Materie zu weiterm Nachsinnen mit dem Bedencken, daß, gleichwie ein Gottesgelehrter die Bibel viel genauer einsiehet und lieset, als ein Laye, so auch denen eine schärffere Untersuchung der Melodien nöthig sey, die Componisten (bevorab zum Lobe Gottes) seyn wollen, als denen, die nur vom Zuhören Wesen machen. Wozu denn die bereits ernannte Schrifft=Steller oder Verfasser guter Regeln und Anmerckungen zwar eine hülffliche Hand bieten; doch der eigene Fleiß und die ernstliche Betrachtung schöner Notenwercke, absonderlich der Telemannischen, den grössesten Vortheil bringen können.

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