Riemann: Klavierschule op. 39,1

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Kap. 7 [Seite 4 von 4]

Der einzig rationelle Ausweg aus dem Dilemma, ob man zunächst die Obertasten respectiren, also die Ausbildung der Geläufigkeit in allen Lagen für später verschieben soll, oder ob man letztere zum Ausgang nehmen und die alten, gut verbrieften Regeln des Tonleiterfingersatzes nebensächlich behandeln soll, ist nun aber folgender: man hält streng fest an dem Prinzip des Untersetzens nach der Obertaste und des Überschlagens auf die Obertaste, lässt aber gleich in den ersten Stadien der Technik die Fünffingerübungen, Sequenzenpassagen und Tonleitern in allen Lagen mit gleichem Fingersatz üben, z.B. die fis-Dur- und cis-Dur-Tonleiter mit dem regulären c-Dur-Fingersatz 1-3, 1-4, 1 etc., Dabei bezeichne man aber alle Uebungen der letzten Art, welche die Unebenheit der Tastatur ignoriren, als technische Studien zum Unterschied von der regulären praktischen Fingersetzung, sodass der Schüler in ihnen vorläufig nur gymnastische Uebungen sehe; andernfalls wird derselbe zu früh anfangen, die Regeln des Fingersatzes zu verachten und daher nicht das erforderliche solide <30> Fundament gewinnen - er wird seine Applikatur ohne innere Nothwendigkeit, ohne sichern Halt wählen; die uneingeschränkte Freiheit wird zur Willkür. Es ist wohl unnöthig, darauf hinzuweisen, dass das dabei herauskommende Resultat kein gutes sein kann.

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