Türk: Klavierschule

VI. Kapitel. Von dem Vortrage.

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1. Abschnitt. Vom Vortrage überhaupt, und von den allgemeinen Erfordernissen dazu. [§. 1-9]

<332> §. 1. [...]

§. 2. Wer ein Tonstück so vorträgt, daß der darin liegende Affekt (Charakter &c.) auch bey jeder einzelnen Stelle auf das Genaueste ausgedruckt (fühlbar gemacht) wird, daß also die Töne gleichsam zur Sprache der Empfindung werden, von dem sagt man, er habe einen guten Vortrag. Der gute Vortrag ist daher der wichtigste, aber auch der schwerste Gegenstand der praktischen Musik.

§. 3. [...]

<333> §. 4. Aus diesem Wenigen erhellet schon hinlänglich, daß dem Musiker der Vortrag das Wichtigste seyn muß. Denn bey aller Fertigkeit im Notenlesen und Spielen [FN] wird er seinen Hauptzweck, auf das Herz des Zuhörers zu wirken, ohne guten Vortrag gewiß nie ganz erreichen. Wer beydes, auszeichnende Fertigkeit, und guten Vortrag, zugleich besitzt, der hat eben so lobenswürdige als seltene Verdienste.

§. 5. Zum guten Vortrage gehören, meines Erachtens, vorzüglich folgende Stücke:

  1. überhaupt: eine bereits erlangte Fertigkeit im Spielen und Notenlesen, Sicherheit im Takte, Kenntnis vom Generalbasse und von dem vorzutragenden Tonstücke selbst; sodann ins besondere:
  2. Deutlichkeit in der Ausführung,
  3. Ausdruck des herrschenden Charakters,
  4. zweckmäßige Anwendung der Manieren und gewisser andern Mittel &c.
  5. richtiges Gefühl für alle in der Musik auszudruckende Empfindungen und Leidenschaften.

[...]

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