Kullak: Ästhetik des Klavierspiels - Kap. 17

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2. Der zweite Fall betrifft jene harmonischen Figuren, die im Baß in größerer oder geringerer Ausbreitung Begleitung zu einer über ihnen stehenden Melodie sind. Das Pedal hat hier den Zweck, <359> Töne zu verbinden, wie in der vorigen Nummer; nur ist die Verbindung derselben nicht deshalb erforderlich, weil sie in melodiöser oder declamatorischer Aufeinanderfolge zu einander gehören, sondern weil sie durch Vollständigkeit derselben Harmonie den Wohlklang fördern. Das Pedal vermittelt hier also mehr einen äußerlich sinnlichen Reiz, als Klarheit verständigen Inhaltes. Besonders ist es der tiefe Baßton, dessen Weiterklingen den harmonischen Reiz erhöht, und mit dessen Wechsel auch eine Erneuerung im Andrücken des Pedals eintreten muß. - Wenn durchgehende Noten, skalenartige Stellen u. dergl. sich zwischen die harmonischen Figuren legen, wird das Pedal unterbrochen. Ist die Zahl solcher Noten nicht bedeutend genug, um die Harmonie zu stören, so kann das Pedal auch beibehalten werden. Das Ohr muß hier entscheiden. Je höher die Begleitung liegt, um so eher verträgt sie akkordfremde Töne.

Es bedarf kaum der Beispiele. Die moderne Schule ist überreich daran. - Es werden aber auch Passagen, die nicht Begleitung sind, wenn sie harmonisch liegen, der Brillanz halber mit dem Pedale gespielt, wie z.B. folgende Stelle aus Hummels A-moll-Konzert [Nr. 3] S. 11:

[Notenbeispiel S. 359, Nr. 1: Hummel, Klavierkonzert a-moll]

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