Riemann: Klavierschule op. 39,1

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Kap. 11 [Seite 11 von 12]

Einige ergänzende Bemerkungen sind noch nothwendig über Modificationen des Ausdruckes aus anderen als metrischen und melodischen Gründen. [FN: Vgl. "Musikalische Dynamik und Agogik" § 41 (S. 186 ff.).]

Das Gebot möglichster Klarheit und Uebersichtlichkeit der Kunstwerke erheischt eine besondere Hervorhebung alles dessen, was irregulär, was abweichend ist; deshalb dürfen scharfe <58> Dissonanzen [FN] nicht durch schwächern Anschlag gemildert oder durch schnelleres Weitergehen vertuscht werden, sondern man muss im Gegentheil das Verstehen derselben durch etwas stärkere Tongebung (eventuell arpeggirt) und geringe Verlängerung ihres Zeitwerthes erleichtern. Ebenso müssen die Töne und Akkorde, welche eine Modulation einleiten sollen, nachdrücklich hervorgehoben werden; Töne, welche als Vorhalte vor Akkordtönen der die Auffassung bestimmenden Harmonie auftreten, verlangen gleichfalls eine kleine Verlängerung und stärkere Tongebung. [FN] Eine besonders durch Beethoven sehr häufig gebrauchte Abweichung von regulärer Bildung ist die Ersetzung des dynamischen Gipfelpunktes durch ein plötzliches piano, z.B.:

Notenbeispiel S. 58

Dergleichen ist immer durch Zeichen vorzuschreiben und darf ohne solche nicht als intendiert angenommen werden. Viele sf bei Beethoven und auch schon bei Mozart haben den Zweck, die Anfänge der Taktmotive zu markiren und einer Auffassung derselben im volltaktigen Sinne vorzubeugen, z.B. <59>

Notenbeispiel S. 59, Nr. 1

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