Riemann: Klavierschule op. 39,1

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Kap. 12 [Seite 10 von 10]

Der Schleifer wird gewöhnlich sehr leicht genommen; mit welchem Recht? man verdirbt damit eine schöne Wirkung. Wie oft bedeutet gerade der Schleifer ein gewaltsames Hinaufrücken des dynamischen Schwerpunktes wie in der eben angezogenen Sonate:

Notenbeispiel S. 72, Nr. 3

<73> Spielt man hier d"' e"' schwach und giebt dem f"' das Sforzato, so schwächt man durch die beiden leichten Töne das ganze Crescendo ab; giebt man dagegen dem Schleifer nebst seiner Hauptnote gemeinsam das Sforzato, derart, dass wie in mehreren der schon erwähnten Beispiele das Sforzato hinaufrückt, so ist die Wirkung packend. So und nicht anders wird Beethoven das Sforzato gemeint haben.

Wir kommen immer wieder zu dem Schlusse, dass die anschlagenden (den Notenwerth beginnenden) Verzierungen den dynamischen Werth erhalten, der einer an derselben Stelle stehenden Hauptnote zukäme, dass sie aber mit der folgenden Hauptnote so untrennbar verwachsen sind, dass sie eine wesentlich von dieser verschiedene Behandlung überhaupt nicht zulassen; es kann allenfalls dieselbe Tonstärke ein wenig nach der positiven oder negativen Seite nüancirt werden, nie aber wird die Verzierung stark und der Hauptton schwach, oder die Verzierung schwach und der Hauptton stark gegeben werden können.

Nur dadurch, dass man die Richtigkeit dieses Satzes anerkennt und denselben den Schülern einschärft, kann man dem Übel vorbeugen, dass dieselben die (leicht geforderte) Verzierung (vor einer starken Note) vor die Zeit zu bringen suchen, statt auf die Zeit - das ist ja bekanntlich der Hauptkummer, da das Kapitel Verzierungen verursacht. [FN]

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