Blasmusik Diese Beiträge sind entstanden als Sendemanuskripte für die Deutsche Welle, Köln ("Transkriptionsdienst")

Die heulende Symphonie der Chalumeaux (Mattheson 1713)

Die Karriere der Klarinette

Geschichte der Blasinstrumente und ihrer Musik - 5. Folge

Sendemanuskript

Die Klarinette mit ihrem charakteristischen, leicht näselndem Klang ist ein vergleichsweise junges Instrument - zumindest in der sogenannten Kunstmusik. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts taucht sie erstmals auf und wird von den Zeitgenossen beschrieben als

"neue Arth von Pfeiffen-Werkh, ein verbessertes Chalumeau, zu der Music-Liebenden grossen Vergnügen."

So gab es also zwar das Instrument, aber noch keine eigene Literatur dafür. Wahrscheinlich haben die Klarinettisten damals die Kompositionen für Flöte und Oboe auf ihr Instrument übertragen.

Das erste originale Klarinettenkonzert stammt aus der Mitte des 18. Jahrhunderts - von dem Komponisten Johann Melchior Molter, einem Vertreter der sogenannten Mannheimer Schule. Molter hatte die Reize dieses leicht gequetschten, nasalen Klangs durch einen befreundeten Klarinettenspieler, den Hof-Flötisten am Durlacher Hof Johann Reusch, kennengelernt, und für eben diesen Johann Reusch sind auch die vier Klarinetten-Konzerte entstanden.

Musik-Nr.: 01
Komponist: Johann Melchior Molter
Werk-Titel: Konzert für Klarinette und Orchester A-Dur
Auswahl: xx <Track xx.> __:__
Interpreten: Lazlo Horvath (Klarinette)
Franz-Liszt-Kammerorchester
Ltg.: Janos Rolla
Label: Hek (LC ____)
HCD 11 954
<Track xx.> Gesamt-Zeit: __:__
Archiv-Nummer: ____
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Die Klarinette avancierte schon bald nach ihrem ersten Erscheinen zum beliebtesten Musikinstrument des deutschen Adels. Fürsten und Grafen, selbst die Prinzessin Anna Amalie von Preußen bliesen die Klarinette und komponierten für dieses Instrument.

1783 lernte Wolfgang Amadeus Mozart den Klarinettisten Anton Paul Stadler kennen, einen Virtuosen von hohem Rang. Stadler liebte Experimente, und so ließ er sich von einem Instrumentenbauer namens Theodor Lotz eine Klarinette bauen, die über einen erweiterten Tomumfang in der Tiefe verfügte - die sogenannte "Bassett-Klarinette" war geboren. Für seinen Kegelbruder Stadler und dessen "sonderbares, neuerfundenes Instrument" komponierte Mozart das Klarinettenquintett, Köchel-Verzeichnis 581, und das Konzert in A-Dur. Dieses Konzert, Köchel-Verzeichnis 622, ist das letzte große Werk, das Mozart vollendete. Komponiert wurde es im Oktober 1791, die Aufführung fand am 18. November statt. Zwei Tage später erkrankte Mozart und starb am 5. Dezember.

Musik-Nr.: 02
Komponist: Wolfgang Amadeus Mozart
Werk-Titel: Konzert für Klarinette und Orchester A-Dur, KV 622
Auswahl: xx <Track xx.> __:__
Interpreten: Eric Hoeprich (Klarinette)
Orchestra of the 18th Century
Ltg.: Frans Brüggen
Label: Ph (LC ____)
420 242-2
<Track xx.> Gesamt-Zeit: __:__
Archiv-Nummer: ____
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MUSIK:

Die Komponisten haben selten aus eigenem Antrieb solistische Literatur für die Klarinette geschrieben. Meist waren es Aufträge von irgendwelchen Virtuosen oder Freundschaftsdienste. Mozarts Klarinettenkonzert verdanken wir seiner Freundschaft mit dem Virtuosen Anton Stadler, und auch die Klarinettenkonzerte von Carl Maria von Weber wären ohne das Zutun des Münchner Klarinettisten Johann Heinrich Bärmann kaum denkbar.

Bärmann galt zu Lebzeiten, also in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als einer der großen Meister auf der Klarinette; vor allem propagierte er eine neue Blastechnik für das Instrument, wie sie heute noch üblich ist: Während im 18. Jahrhundert das freischwingende Rohrblatt die oberen Schneidezähne berührte und der Klang dadurch recht unflexibel blieb, drehte Bärmann das Mundstück einfach um und legte es auf die Unterlippe. Dadurch wurde der Klang weicher und ließ sich besser formen - was Lautstärke und Ausdrucksintensität angeht.

In einer zeitgenössischen Beschreibung über Bärmanns Klarinettenspiel heißt es:

"Er erregt am meisten Aufsehen durch seinen unübertrefflichen Gesang auf der Klarinette. Kein Sänger sollte es versäumen, bei dem Klarinettisten Bärmann die Geheimnisse der Tonbildung, das Atemholen und die Kunst des musikalischen Vorstrags zu studieren."

Für eben diesen Johann Heinrich Bärmann schrieb Carl Maria von Weber seine Solokompositionen für Klarinette - allesamt Werke, die in enger Zusammenarbeit zwischen Komponist und Interpret entstanden sind. Das Concertino in Es-Dur, op. 26 hat Weber in knapp sechs Tagen fertiggestellt. Es ist ein virtuoses Stück, das erhebliche Anforderungen an den Interpreten stellt, aber dennoch nicht die Schwierigkeiten ostentativ zur Schau trägt. Mit seinem gefälligen, unterhaltsamen Charakter erwies sich das Stück alsbald als äußerst erfolgreich, so daß Weber an seinen Freund Giacomo Meyerbeer am 17. Mai 1811 aus München vermelden konnte:

"Im Augenblick komme ich aus dieser Stadt nicht weg. Seitdem ich für das Clarinett-Genie Bärmann das Concertino componiert habe, ist das ganze Orchester des Teufels und will Concerte und Arien von mir geigen und pfeifen."
Musik-Nr.: 03
Komponist: Carl Maria von Weber
Werk-Titel: Concertino für Klarinette und Orchester Es-Dur
Auswahl: xx <Track xx.> __:__
Interpreten: Sabine Meyer (Klarinette)
Staatskapelle Dresden
Ltg.: Herbert Blomstedt
Label: EMI (LC ____)
7 47351 2
<Track xx.> Gesamt-Zeit: __:__
Archiv-Nummer: ____
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Die Klarinette als solistisches Konzertinstrument hatte ihre Blüte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Doch dann verlor das Instrument sehr bald an Reiz, und der scharfzüngige Wiener Musikkritiker Eduard Hanslick schrieb 1866 aufatmend:

"Über die Zeit, wo wo diese Künstler scharenweise angereist kamen und Konzerte auf ihrem langweiligen Einzelrohr bliesen, sind wir nun gottlob hinüber."

Daneben aber entwickelte sich die Klarinette zu einem bedeutsamen Instrument für die Kammermusik. Wie Mozart für seinen Kegelbruder, den Klarinettisten Anton Stadler, komponierte; was für Carl Maria von Weber der Virtuose Bärmann war, das bedeutete der Solo-Klarinettist am Meinigner Hoftheater Richard Mühlfeld für Johannes Brahms. Mühlfeld inspirierte den damals sechzigjährigen Brahms zu einer Reihe von Kammermusikwerken: zwei Sonaten, einem Trio und einem Quintett. Es sind allesamt reife Alterswerke - nicht zupackend und machtvoll aufwühlend, sondern eher geprägt von einer leicht melancholischen, resignativ-verhangenen Stimmung; wobei der klagende Ton der Klarinette sein übriges dazutut.

Musik-Nr.: 04
Komponist: Johannes Brahms
Werk-Titel: Trio für Klarinette, Violoncello und Klavier a-moll op. 114
Auswahl: 1. Satz <Track xx.> __:__
Interpreten: Sabine Meyer (Klarinette)
Heinrich Schiff (Violoncello)
Rudolf Buchbinder (Klavier)
Label: EMI (LC ____)
7 47683 2
<Track xx.> Gesamt-Zeit: __:__
Archiv-Nummer: ____
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Welche klangmalerischen und gestalterischen Möglichkeiten die Klarinette besitzt, mag zum Abschluß ein Ausschnitt aus Karlheinz Stockhausens fünfteiligem Zyklus Amour zeigen. Stockhausen spielt hier mit den verschiedenen Klangcharakteren der hohen und tiefen Lagen; in dem dritten Stück, Schmetterlinge benutzt er das Geräusch der Luftklappen und des Atemholens, um dem Flirrenden, dem leichten, nervösen Flug dieser Tiere nachzuspüren.

Der Titel Amour deutet an, daß auch diese Musik aus einer persönlichen Beziehung heraus entstanden ist: Stockhausen hat die Stücke der befreundeten Klarinettistin Suzanne Stephens gewidmet und 1976 als Weihnachtsgeschenk überreicht. - In einem Kommentar schreibt er dazu:

"Die schönsten Kompositionen sind solche, die man für eine geliebte oder verehrte Person macht. Man hat dann diese Person immer im Sinn und stellt sich vor, wie sie sich über das Geschenk freut. Die fünf Stücke mit dem gemeinsamen Titel Amour sind solche musikalischen Geschenke, die ich mit dem Wunsche komponierte, daß sie viel Freude bringen und ein langes Leben haben."

Hören Sie nun zum Abschluß von Karlheimz Stockhausen die Schmetterlinge aus dem Zyklus Amour. Es spielt die Klarinettistin Suzanne Stephens.

Musik-Nr.: 05
Komponist: Karlheimz Stockhausen
Werk-Titel: Amour. Zyklus für Klarinette
Auswahl: Schmetterlinge <Track xx.> __:__
Interpreten: Suzanne Stephens (Klarinette)
Label: DG (LC ____)
423 378-2
<Track xx.> Gesamt-Zeit: __:__
Archiv-Nummer: ____
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